Kanton Bern gefährdet Olympia-Kandidatur

Kanton Bern gefährdet die Olympia-Kandidatur

Politiker wollten verschweigen, dass sich die Sicherheitskosten verdoppeln

«Die Kosten wurden im Kanton Wallis berechnet und nicht geschätzt»: Ständerat Hans Stöckli. Foto: Keystone

Gemäss neusten Berechnungen betragen die Sicherheitskosten für die Olympischen Spiele Sion 2026 im Standortkanton Bern zwischen 20 und 30 Millionen Franken. Das ist brisant: Denn die Zahlen machen klar, dass in Bern mit doppelt oder gar dreimal so hohen Kosten zu rechnen ist als bisher angenommen. Ursprünglich ging die Berner Regierung von 10 Millionen Franken aus. Den neuen höheren Kostenrahmen hat der für das Olympiadossier zuständige Regierungsrat Christoph Ammann (SP) diese Woche an einer vertraulichen Sitzung genannt. Das Treffen war der vierteljährliche Informationsaustausch der Berner Regierungsräte mit den beiden Ständeräten Werner Luginbühl (BDP) und Hans Stöckli (SP). Die neuen Zahlen gehen nicht von einer erhöhten, sondern von der aktuellen Bedrohungslage aus.

An der gleichen Sitzung beschlossen die Politiker eine pikante Informationspolitik: Die Berner Regierung soll die neuen Zahlen erst nach der Abstimmung zum Olympiakredit im Wallis am 10. Juni publizieren, obwohl Ammann öffentlich schon angedeutet hatte, dass es teurer werden könnte. Die an der Sitzung vereinbarte Begründung: Die neuen Berechnungen sollen die Abstimmung im Wallis nicht negativ ­beeinflussen. Im Wallis geht es in der Tat um viel: Olympiagegner und -befürworter liefern sich gemäss Umfragen betreffend Abstimmung zum Olympiakredit ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Lehnen die Walliser ihren Kredit ab, ist die Schweizer Olympiakandidatur Makulatur.

Ammann will Zahlen nicht bestätigen

Gemäss mehreren direkt involvierten Quellen hat vor allem Ständerat Stöckli, der gleichzeitig Vizepräsident des Olympiakomitees Sion 2026 ist, an der Berner Sitzung für das Stillhalteabkommen geweibelt. Stöckli wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern, da die Sitzung im vertraulichen Rahmen stattgefunden habe. Und Ammann will die Zahlen weiterhin nicht bestätigen. Offiziell heisst es, man informiere noch nicht, weil die neuen Berner Zahlen «noch nicht plausibilisiert» seien. Fakt ist aber, dass sie seit einem Monat in Berner Amtsstuben herumgereicht werden.

Die Berner Politik der Informationszurückhaltung ist aber ohnehin wenig erfolgversprechend. Denn die Walliser Olympiagegner haben bereits mitbekommen, dass die neusten Kostenschätzungen der Berner höher sind als angenommen.

Im Wallis werden Berner Zahlen jetzt ein Thema

Die Olympiagegner sehen darin eine Bestätigung ihrer Befürchtungen und wollen die Informationen in den letzten Wochen vor der ­Abstimmung ausschlachten: Für den grünen Walliser Grossrat und Olympiagegner Thierry Largey deutet nach den neuen Berner Zahlen alles darauf hin, dass die Sicherheit «auch im Wallis mehr kostet als angenommen». Mit einer am Freitag eingereichten dringlichen Interpellation fordert er, dass die Walliser Regierung noch vor der Abstimmung Transparenz schafft. Olympia-Vizepräsident Stöckli versucht aber schon jetzt den Ball flach zu halten: «Aus der Tatsache, dass die geschätzten Sicherheitskosten im Kanton Bern nun höher berechnet werden, kann man nicht schliessen, dass sie im Wallis auch teurer werden, weil sie im Wallis eben berechnet und nicht geschätzt worden sind.»

Das sieht Olympiagegner Largey anders. Der Hauptgrund für die Kostenkorrektur in Bern sei der Entscheid der Konferenz der Kantonsregierungen, den Austragungsorten Polizisten nicht gratis zur Verfügung zu stellen. Largey folgert, dass sich dieser Entscheid nicht bloss auf die Kosten im Kanton Bern auswirke, sondern auch auf jene im Wallis. Im Wallis rechnet man mit 40 Millionen Franken für externe Polizisten.

Insgesamt sind die Sicherheitskosten für Sion 2026 auf 300 Millionen Franken veranschlagt. Was die Berner nun prognostiziert haben, belegt, was für Experten von Anfang an klar war: Die Sicherheitskosten für Sion 2026 würden viel höher. Benedikt Weibel, ehemaliger SBB-Chef und Euro08-Delegierter, geht von einem Mehr­fachen aus. Er verweist auf die mit Sion vergleichbaren Spiele von Vancouver. Dort war man von 200 Millionen Franken ausgegangen und musste am Ende 600 Millionen für die Sicherheit aufwenden. Weibel hatte sich im Rahmen einer Machbarkeitsstudie für eine Genfer Olympiakandidatur mit ­Sicherheitskosten für Olympische Spiele auseinandergesetzt.

(SonntagsZeitung)

Erstellt: 20.05.2018, 10:39 Uhr